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Kevin Leiser - Europäische Sicherheitspolitik

Aktualisiert: 4. März

Offenburg, den 27.02.2024



Zu Beginn ihres Europawahlkampfes widmet sich die SPD einem der wichtigsten und brennendsten Themen unserer Zeit: dunserer europäischen Sicherheitspolitik. „Ohne Sicherheit ist alles nichts“, erklärte dieser Tage Bundeskanzler Scholz in einer Videobotschaft. Die Bedeutung des Themas sah man auch an den vielen Besucherinnen im Offenburger Stadteil- und Familienzentrum Innenstadt. Mit Kevin Leiser konnte die Offenburger SPD ein Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages als Redner gewinnen. Als Angehöriger einer sogenannten Heimatschutzkompanie, hat er gerade freiwillig eine Grundausbildung der Bundeswehr absolviert. Sein Gesprächspartner Boris Kaiser, Kommunalwahlkandidat der SPD Offenburg, diente 12 Jahre als Zeitsoldat und konnte daher ebenfalls aus erster Hand über die Truppe berichten. Der dritte im Bunde, der SPD-Kreisvorsitzende und Moderator Matthias Katsch, hat keinerlei militärischen Hintergrund. In West-Berlin, wo er aufwuchs, gab es weder Bundeswehr noch Wehrpflicht. Zugleich erlebte er hautnah, wie über Jahrzehnte die westlichen Alliierten die Sicherheit und Freiheit der Stadt garantierten. 


Auch Kevin Leiser ist erst durch die vergangene Wahl in den Bundestag in seine Rolle gekommen: Er ist Lehrer für Mathematik, Politik und Wirtschaft an einem Hohenloher Gymnasium und wurde nach seiner Wahl in den Bundestag unter anderem in den Ausschuss berufen. Gerade diese Perspektive ist wichtig, denn unsere Bundeswehr untersteht direkt dem vom Volk gewählten Parlament und somit deswegen ist auch der Verteidigungsminister ein Parlamentarier. Für seinen Einstieg sezierte er Olaf Scholz' Zitat zur Zeitenwende: „Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents.“ Es gibt ein Ereignis, das uns von außen aufgezwungen wird. Eine Zeitenwende, denn die Welt davor ist nicht mehr die Welt danach. Und das in der Geschichte unseres Kontinents – Europa. Ich glaube, das ist etwas, was wir in Deutschland und in Europa lernen müssen: Die Probleme Europas sind nicht mehr automatisch die Probleme der Welt. Das war mal so, ist es aber nicht mehr. Zu Beginn gab es natürlich viele Fragen zur Unterstützung der Ukraine und zum Kurs der Bundesregierung. LeiserEr erläuterte die vier Prinzipien, nach denen Deutschland entscheidet:

  1. keine Alleingänge,

  2. alles, was wir tun, muss Putin mehr schaden als uns selbst,

  3. wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit erhalten,

  4. wir werden nicht selbst Kriegspartei.

Deutschland spiele im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine herausragende Rolle und unser der Bundeskanzler treffe besonnene Entscheidungen. In dieser Situation brauche man keinen Hitzkopf und keinen Sprücheklopfer, sondern jemanden, der abwäget und immer die Konsequenzen im Blick habet. Als Beispiel führte Leiserer an, dass die Programmierung der Taurus-Rakete durch Deutsche völkerrechtlich auch als direkte Kriegsbeteiligung gewertet werden kann und dass solche Systeme natürlich auch eine europäische Abschreckung sind. Wenn sie jetzt in die Hände des Gegners fielen fallen, verlieren wir diesen Vorteil. Generell findet Leiser, dass wir heute viele dieser nationalen Verteidigungsfragen zu offen diskutieren. Im Kalten Krieg hätte man so etwas als Verschlusssache diskutiert und nicht alle technischen Details der Systeme auf dem Marktplatz debattiert, um sich strategische Vorteile zu erhalten. Viel wichtiger als die Diskussion über einzelne Systeme sieht er hier dieunsere europäische Gemeinschaft und erzählt von einem Parlamentsbesuch in Litauen: „Im April 2022 war ich in Litauen und habe dort mit Abgeordneten gesprochen, die uns gesagt haben: Wir vertrauen euch. Ihr Deutschen habt in den letzten Jahren so unglaublich viel geleistet, bitte werdet aktiver. Ihr seid die einzigen, die uns als Europa zusammenhalten können und bitte macht mehr direkt bei uns!“ Als Zeichen dieses Vertrauens hat die Bundeswehr dort nun ihre erste Kaserne eröffnet. Und auch Matthias Katsch betonte die Bedeutung von militärischer Präsenz und Abschreckung zur Verhinderung kriegerischer Angriffe, und zog die Parallele zur Geschichte Deutschlands und Berlins. Im Blick auf die Vorgeschichte des Überfalls auf die Ukraine durch Russland erklärte er: „Wir sind in eine sehr deutsche Art verfallen, die anderen, die kleineren Partner und Partnerinnen in Osteuropa zu übersehen. Unsere östlichen Partner, die Polen, die Balten, alle haben uns seit Jahren gewarnt und wir haben immer gedacht: Wir sind groß genug, wir wissen, wo es lang geht -

Deutschland und Russland bestimmen, wie es in Europa weitergeht. Ich glaube, wir tun gut daran zu lernen, mehr auf unsere osteuropäischen Partner zu hören. Und auch zu verstehen, dass sie nicht nur Angst vor Russland haben, sondern auch Angst davor, von Deutschland wieder über den Tisch gezogen zu werden“. Natürlich müsse es immer zuerst um den Frieden gehen, da waren sich alle Teilnehmenden einig, aber solange wir in diese Situation gezwungen werden, haben wir keine Wahl als unsere Sicherheit auch gegen Russland zu sichern.„Scholz und Macron waren beide in den Tagen vor dem Krieg noch einmal bei Putin, trotzdem hat er diesen Schritt getan“, erklärte Leiser.


Dazu gab es auch viele Fragen aus dem Publikum, die beantwortet wurden. Letztlich war man sich aber auch einig: Wenn ein Land bereit ist, im Kampf für die Freiheit Opfer zu bringen, dann sind es die überfallenen Ukrainer und man sollte ihnen dabei nicht in den Rücken fallen. Katsch fügte hinzu: „Putin würde am liebsten direkt mit den Amerikanern über die Köpfe der Ukraine und Europas hinweg verhandeln, das dürfen wir nicht zulassen“. Viele Teilnehmende sehnen sich wieder nach Frieden in Europa, aber nach der Zerstörung der europäischen Friedensordnung durch Putin ist dies noch ein langer Weg. Boris Kaiser nannte weitere Beispiele, für die Komplexität solcher Prozesse: So habe die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich gut funktioniert, aber zwischen Nord- und Südkorea herrsche nach all den Jahren immer noch nur ein Waffenstillstand. Er ist sich sicher, dass dieser Prozess noch mehr als zwei Generationen in Anspruch nehmen wird. Im Laufe des Abends wurden viele Themen angesprochen und Fragen geklärt, sei es zum aktuellen ASPIDES-Einsatz der Fregatte Hessen zum Schutz der zivilen Schifffahrt vor der Küste Jemens oder zur Mission IRINI im Mittelmeer, bei der es um die Verhinderung von Waffenlieferungen geht. Boris Kaiser erinnerte an das hohe Risiko, dass die Soldaten und Soldatinnen bei diesen Einsätzen persönlich eingehen.


Immer wieder standen auch Fragen der dringend benötigten Spezialausrüstung im Mittelpunkt. So waren die Funkgeräte der Bundeswehr nicht mehr dem Stand der Technik entsprechend abhörsicher, was laut gerade für Leiser ein großes Problem darstellte, da auch die Cybersicherheit der Bundeswehr in seinen Zuständigkeitsbereich im Verteidigungsausschuss fällt. Früher sei Munition nur beschafft worden, wenn am Ende des Jahres Geld übrig war, weil man sie nicht so dringend brauchte. Wie notwendig die Investitionen inzwischen sind, unterstrich Katsch treffend: „Die Bundeswehr war in den letzten Legislaturperioden immer die stille Reserve, an der Stück für Stück immer mehr gespart wurde, wenn es anderswo brannte.“  Auf die aufkommende Kritik, das Geld werde zu zögerlich ausgegeben, antwortete Leiser mit Besonnenheit: "Stichwort Corona und Masken: Am Anfang gab es Berichte, es sei zu wenig bestellt worden...", natürlich habe die Rüstungsindustrie Angebote gemacht, was alles beschafft werden könne, aber man müsse trotzdem klar abwägen, was notwendig sei und was keinen Sinn macheergebe, so Leiser. Er brachte auch zwei Beispiele aus seinem Bereich der Cybersicherheit und der Bundeswehr, wie verworren und unübersichtlich der Apparat mit seinen Zuständigkeiten geworden ist., hHier sieht er Verteidigungsminister Pistorius auf einem guten Weg, aber die Aufgabe seiist größer und nicht als in einer Legislaturperiode zu lösen. Nachdem das Ministerium klare Linien bekommen habe, gehe es nun um die Truppe als Ganzes, nicht nur in der Beschaffung, dort müsse wieder mehr Verantwortung gelebt und aktiver entschieden werden. Viele Prozesse im Ministerium und in der Bundeswehr seien sind nur entstanden, weil man sich bei der Beschaffung lieber mehrfach absichern wollte, es müsse das muss jetzt langsam wieder gelernt werden, dass man auch direkter Entscheidungen treffen könnekann. Abschließend wurde über die Rolle der NATO und das 2%-Ziel diskutiert, das Ex-US-Präsident Trump zuletzt wieder als Drohung benutzt hatte. Kevin Leiser wies darauf hin, dass die BRD zu Zeiten der Friedensbewegung 4% des BIP für Rüstung ausgegeben habe ausgab und auch Trumps Vorgänger Barack Obama die Europäer uns damals schon in einem anderen Ton darauf hin gewiesen habehinwies, dass Europa in Zukunft eigenständiger für seine Sicherheit sorgen müsse. Die Wahl in den USA könnte also eine weitere Zeitenwende für Europa bedeuten.


Auch nach der Diskussions- und Fragerunde blieben viele Besucherinnen vor Ort und diskutierten die Themen in intensiven Gesprächen weiter. Es zeigte sich, dass das Thema, obwohl es uns täglich in den Nachrichten begleitet, keineswegs ausdiskutiert ist und auch nach zwei Jahren seit der Invasion Russlands in die Ukraine immer noch viel Gesprächsbedarf besteht.


 

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